Doppik ermöglicht transparenten Blick auf Handeln der Gemeinde

Weilbachs Bürgermeister Bernhard Kern referiert in Bürgstadt über doppelte Haushaltsführung in Gemeinden - Grundlage für gutes Rating
Kreis Miltenberg. Kameralistik oder Doppik? Für Weilbachs Bürgermeister Bernhard Kern ist nicht die Entscheidung zwischen diesen Varianten der Haushaltsführung die Frage. Er will vielmehr die Haushaltsrechnung seiner Kommune so schnell wie möglich auf die doppelte Buchführung umstellen.
Vor rund 20 Gästen erläuterte der Bürgermeister am Dienstag im Gasthaus Zum Schwanen in Bürgstadt bei einer Veranstaltung des kommunalpolitischen Arbeitskreises der Freien Wähler das Vorgehen in Weilbach. Die Zuhörer lauschten aufmerksam - schließlich ist Weilbach die erste Gemeinde im Landkreis, die ihren Haushalt für das Jahr 2007 sowohl in der gängigen kameralistischen Form als auch in der doppischen Form beschloss.
Bereits im Juli 2005 hatte sich der Gemeinderat einstimmig für die Haushaltsumstellung ausgesprochen. »Erfahrungswerte aus anderen Kommunen hatten wir nicht«, so Kern, »dafür eine junge, dynamische Kämmerin«. Die Vorarbeiten begannen im Oktober 2005 mit der Installation einer neuen Software (»zu einem sehr günstigen Tarif«), im Juni 2006 bekam die Gemeinde vom Freistaat Bayern eine Ausnahmegenehmigung, einen doppischen Haushalt aufzustellen.
Wertentwicklung einer Gemeinde
»Die Entscheidung für die Doppik ist eine Entscheidung für das kaufmännische Rechnungswesen«, sagte Kern. Während bislang im Haushalt dargestellt wird, wie viel Geld eingenommen und ausgegeben wird, geht die Doppik dies unter einem anderen Blickwinkel an: Hier stellen Erträge und Aufwendungen die zentralen Steuerungsgrößen dar. Dargestellt wird, wie sich die Werte einer Gemeinde entwickeln - ein Ansatz, wie ihn auch Unternehmen verfolgen.
Mit dem Blick auf die Veränderung des Kapitals, so Kern, werde das wirtschaftliche Handeln einer Gemeinde transparenter dargestellt. »Am Ende steht die Frage, ob sich das Vermögen einer Kommune vermehrt hat«, lautet sein Fazit - das habe bei kameralistischer Haushaltsführung bislang niemanden interessiert.
Der schwierigste Teil ist laut Kern die Erstellung der sogenannten Eröffnungsbilanz: Vor dem Einstieg in die Doppik muss das gesamte Vermögen der Gemeinde erfasst werden - dazu gehören unter anderem Straßen und Gebäude. Da der Freistaat erst im Frühjahr Bewertungsrichtlinien veröffentlicht hat, habe die Gemeinde Weilbach erst spät im Juli ihren Haushalt verabschieden können, erklärte Bernhard Kern.
Die Umstellung auf die Doppik war in Weilbach nicht so schwer, da die kommunale Bau- und Vermietungs-GmbH sowie das Kommunalunternehmen - beide unter dem Dach der Kommune - bereits kaufmännisch buchen. Wenn die Doppik eingeführt ist, so Kern, sei eine »transparente und objektive Betrachtung des Handelns der Gemeinde möglich«.
Für Kern bietet die Bilanz die Möglichkeit, Kommunen besser als bislang vergleichen zu können. Der Bürgermeister hält beispielsweise die Darstellung von Fremd- und Eigenkapitalquote für wesentlich aussagekräftiger als die gerne genutzte Pro-Kopf-Verschuldung.
»Wissen, wo man den Hebel ansetzt«
Kern geht zudem davon aus, dass sich Städte und Gemeinden in Zukunft von Agenturen bewerten (raten) lassen müssen, um bessere Konditionen auf dem Kreditmarkt zu bekommen. Dafür sei eine Bilanz nach den Kriterien der doppelten Buchführung notwendig.
»Die Doppik bringt uns keine müde Mark mehr, aber wir wissen, wo wir den Hebel ansetzen müssen«, so Kern, und weiter: »Schon bei der Eröffnungsbilanz kann man sehen, wo die Reise hingeht«. Zur Frage nach einer möglichen Überschuldung sagte Kern, auf seine Gemeinde eingehend: »Wenn ich 20 Millionen Euro investiere, dann jucken mich vier Millionen Euro Schulden nicht, wenn ich mich in den nächsten Jahren komplett entschulde«. Schließlich komme das Geld - beispielsweise bei Erschließungen - auch wieder zurück in die Kasse.
Auf die Frage nach den Kosten für die Umstellung antwortete Kern, dass die Gemeinde »vermutlich keine 20000 Euro« bezahlt habe statt der prognostizierten 60000 bis 80000 Euro. »Wir fordern alle auf, den Weg der Doppik mit zu gehen«, sagte der Bürgermeister.
Die Gemeinden, vermutet Kern, werden auf Dauer sowieso nicht darum herumkommen. Er rechnet damit, dass spätestens nach der Landtagswahl in Bayern ein verbindlicher Termin für die Einführung der Doppik genannt wird. Winfried Zang


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